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Umnutzung von Gewerbegebäuden in Wohnraum:
Begleitende Untersuchungen von Gebäudediagnostikern empfohlen
 
Aktualisierung Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden (2017) - Kapitel 6.1 Nutzungsklassen

Schimmelpilze

Schimmelpilz ist nicht gleich Schimmelpilz. Es gibt gefährliche Schimmelpilze, welche in der Lage sind, Krankheiten beim Menschen auszulösen. Andere Schimmelpilze produzieren Gifte (Mykotoxine) und wieder andere Pilzarten geben ihre Stoffwechselprodukte (MVOC) an die Raumluft ab, welche zu Geruchsbelästigungen führen.

Um den notwendigen Sanierungsaufwand eindeutig bestimmen zu können, ist es erst einmal wichtig, die Pilzart des Befalls zu identifizieren. Als nächster Schritt muss die Ursache für den Schimmelbefall ermittelt werden. Ohne das Erkennen und Beseitigen der Ursachen, die zum Pilzbefall geführt haben, ist eine erfolgreiche, nachhaltige Sanierung nicht möglich! Unsere Sachverständigen sind in der Lage, mittels Infrarot- und Mikrowellensonden Feuchtigkeitsquellen in der Bausubstanz aufzuspüren.

Schimmelpilze müssen nicht gleich als unschöner "Rasen" auf der Wand sichtbar sein, um für die Bewohner eine Gesundheitsgefahr darzustellen. Häufig führen verborgene Feuchtigkeitsprobleme hinter Hohlräumen, in Decken, hinter Einbauschränken oder in Dämmungen und Verkleidungen zu Pilzbefall, der mit einfachen Methoden nicht aufgeklärt werden kann. Unser Team von Bausachverständigen, Chemikern und Biologen hat sich unter Verwendung modernster Methoden auf Schimmelpilzprobleme in Innenräumen spezialisiert.

Besteht der medizinische Verdacht einer Schimmelpilzbelastung, ohne dass sichtbare Hinweise im Gebäude erkennbar sind, so ist ein schrittweises Vorgehen aus unserer Erfahrung sinnvoll:

  • Der erste Schritt ist die Feststellung des Handlungsbedarfes durch Analyse der Sporenkonzentration und der Stoffwechselprodukte (MVOC).
  • Dann ist es wichtig festzustellen, wo die Ursache zu finden ist. Möglicherweise können hier Raumklimaaufzeichnungen weiterhelfen.
  • Zusätzlich geben sogenannte Indikatororganismen weiter Informationen über den möglichen Schaden.
  • Je nach Situation und Gebäudetyp ist der zusätzliche Einsatz eines Unterducksystems (Luftdichtigkeitsmessung) notwendig.
  • Nach Beendigung dieses Schrittes kann der eventuelle weitere Einsatz eines speziell ausgebildeten Schimmelspürhundes sinnvoll sein.

Raumklimaaufzeichnungen zur Klärung von Feuchtigkeitsproblemen

Langzeitaufzeichnungen der Raumklimaparameter (Lufttemperatur, Wandtemperatur, relative und absolute Feuchte, Taupunkt und Wasseraktivität der Wandoberflächen) mittels Datenlogger und anschließender Computerauswertung ermöglichen eine eindeutige Klärung der Frage, ob Feuchtigkeitsprobleme aus Wohnverhalten der Bewohner oder aus baulichen Mängel resultieren.

Im Streitfall liefern diese Daten die Voraussetzung für eine Klärung zwischen Mieter und Vermieter oder Bauherr und Architekt, denn sowohl das Lüftungsverhalten der Bewohner als auch der Feuchtegehalt des Baukörpers ist durch Langzeitaufzeichnungen eindeutig bestimmbar und kann nicht manipuliert werden.

Kann man Schimmelpilzbelastungen selber messen?

Verschiedene Anbieter wie z.B. Apotheken oder die Zeitschriften ÖKOTEST und Stiftung Warentest bieten ihren Kunden/Lesern Tests, mit denen sie ihre Wohnräume selbst auf Schimmelpilze überprüfen können. Diese Tests enthalten eine Agarplatten, die als "Passivsammler" verwendet und Aufschluss über eine mögliche "Pilz- und Sporenbelastung in den Wohnräumen und die Art der Schimmelpilze" liefern sollen. Wir halten die mit diesem Verfahren ermittelten Ergebnisse für sehr fragwürdig.

Eine "passive" Probenahme mittels aufgestellter Agarplatte (open petri dish) erfolgt durch Sedimentation der in der Luft vorhandenen Pilzsporen. Anders als kalibrierbare Passivsammler, die zur Untersuchung auf Lösemittel oder Formaldehyd eingesetzt werden und die quantitative Aussage über eine Belastung der Raumluft zulassen, sind offen aufgestellte Nährboden aufgrund unterschiedlicher Sedimentationsgeschwindigkeiten verschiedener Pilzsporen nicht geeignet, die tatsächliche Sporenanzahl und -zusammensetzung in der Raumluft wiederzugeben.

In der Folge wird die Konzentration kleinerer Pilzsporen (wie Aspergillus- oder Penicillium-Arten) zugunsten häufig in der Außenluft vorhandener Pilze (zum Beispiel Alternaria) deutlich unterschätzt. Zudem sind die Ergebnisse extrem abhängig von den Strömungsverhältnissen im beprobten Raum. Eine aktive Probenahme mittels Impaktor schließt diese Einflüsse aus und ermöglicht eine exaktere Bewertung.

Da Schimmelpilze sehr unterschiedliche Wuchsbedingungen bevorzugen, ist es außerdem in der Praxis üblich, zur Probennahme mindestens zwei verschiedene Nährböden zu verwenden. Bei der Verwendung nur eines Nährbodens besteht die Gefahr, dass einige Arten entweder gar nicht oder so langsam wachsen, dass sie von anderen, schnellwachsenden Arten überwachsen und nicht erkannt werden.

Um die ermittelte Zahl an keimbildenden Einheiten (KBE) richtig bewerten zu können, ist eine vergleichende Außenluftprobe erforderlich. Ohne diesen Vergleich ist es nicht möglich, den Einfluss der Sporen aus der Umwelt auf die Innenraumkonzentration zu berücksichtigen, wodurch sich große Interpretationsschwierigkeiten bezüglich der ermittelten Ergebnisse ergeben. Wie in der Außenluft, so ist auch die Ermittlung der KBE-Zahl im Innenraum immer nur eine Momentaufnahme. Schimmelpilze geben ihre Sporen nicht gleichmäßig in die Luft ab.

Je nach Art unterliegt die Sporulation eigenen Gesetzmäßigkeiten. So ist es durchaus möglich, dass sich trotz eines offensichtlichen Schimmelbefalls in einer Wohnung die dazugehörigen Sporen nicht in der Luft nachweisen lassen.

Schließlich ist bei der Untersuchung von Innenräumen auf Schimmelpilze zu berücksichtigen, dass nicht alle Arten auf den verwendeten Nährböden wachsen. Hierzu gehören so potente Mykotoxin-Bildner wie Stachybotrys chartarum. Auch durch Desinfektionsmaßnahmen abgetötete oder inaktive Sporen enthalten nach wie vor Mykotoxine und Allergene. Um diese Faktoren mit zu berücksichtigen, gehört zu einer vollständigen Beurteilung möglicher Gesundheitsgefahren auch immer die Probenahme nicht keimfähiger (non viable), die häufig in mehrfach höherer Konzentration in der Raumluft zu finden sind als kultivierbare Keime.

Schimmelpilzgeschädigte Patienten haben oft jahrelange Patientenkarrieren und lange Leidenswege der erfolglosen Suche nach den Ursachen ihrer Erkrankung hinter sich. Wir halten es für unverantwortbar, wenn aufgrund eines unsachgemäßen Testverfahrens eine vorhandene Schimmelpilzbelastung übersehen wird und den Patienten die trügerische Sicherheit vorgegaukelt wird, sie hätten alles zur Erkennung einer Schimmelpilzbelastung unternommen.

Eine zuverlässige Aussage über eine Schimmelpilzbelastung kann nur durch eine gewissenhafte Untersuchung der Innnenräume durch qualifizierte Sachverständige und mittels adäquater Probenahme getroffen werden.